O du mein holder Abendwein / Zigarre!

Der Captain liebt Zigarren. Was für ein Glück, dass er neulich auf einen Winzer stieß, der Zigarren herstellt, und dann auch noch den passenden Namen trägt: Johannes Rauch.

Schon länger plant der Captain sein redaktionelles Programm zu erweitern – und neben Wein auch Whisky, Gin, Rum etc. und Zigarren zu verkosten.

Dafür übt er fleißig, besucht Fachveranstaltungen und besorgt sich Getränke und Tabakwaren. Sehr zum Verdruss des Ersten Offiziers, der das Schiffsbudget dahinschmelzen sieht.

Deshalb beschreibt der Captain neben seinem charaktervollen und lange gereiften Abendwein → Weißburgunder Kalvarienberg 2017 von Weinhof Rauch eine Zigarre aus demselben Betrieb.

Wie kommt es dazu, dass ein steirischer Winzer Zigarren macht?

Der Tabakanbau war früher in der Region verbreitet und bei den Rauchs eine Familientradition, die 1980 endete. Zunächst.

Noch 1995 fertigte man in der staatlichen Fürstenfelder Tabakfabrik (ca. 25 Kilometer vom Weingut entfernt) 27 Millionen Zigarren. Opa Rauch lieferte seine Tabakblätter dorthin.

Dann war Schluss. Jahrelang gab es in Österreich keinen Tabakanbau mehr. Und auch keine Herstellung von Zigarren. Bis Johannes Rauch kam und wieder damit anfing.

Johannes las sich in die Fachliteratur ein. Von einer deutschen Saatgut-Firma an der tschechischen Grenze besorgte er sich Samen und legte los. Der Klimawandel atte ihn inspiriert. Johannes beantragte eine Genehmigung zur Weiterverarbeitung des Tabaks, die er – mit viel Überzeugungsarbeit – auch bekam.

6 Jahre dauerte die Lehrzeit vom ersten Versuchsanbau im Gemüsegarten der Mutter, die von nichts ahnte, bis jemand sie auf den “schönen Salat” in ihrem Beet ansprach. 2018 wurden die ersten 1.000 Zigarren an den Fachhandel geliefert.

Heute verlassen jährlich 5.000 Stück der handgerollten Ostarrichi-Zigarre die kleine Tabakmanufaktur der Rauchs. Der Kaufpreis beträgt 35 Euro pro Stück. Nur in einer österreichischen Trafik (Tabakladen) dürfen die Zigarren erworben bzw. bestellt werden. Denn Anbau, Verarbeitung und Verkauf werden vom österreichischen Zoll, Finanzamt und der Tabakmonopolverwaltung streng kontrolliert. Die Beamten wollen beschäftigt und durchgefüttert werden.

Drei Viertel des Erlöses kassiert der Staat in Gestalt von Abgaben. Der traurige Rest bleibt Johannes, um seine Kosten zu decken.

Was ist die größte Herausforderung bei der Zigarrenherstellung?

Johannes zum Captain: “Der Anbau ist nicht kompliziert, aber arbeitsintensiv. Vieles ähnelt dem Weinbau. Der Hauptfeind heißt Schimmel. Tabak wird in Kammern mit feuchtwarmem Klima fermentiert. Die genaue Dosierung von Wärme und Feuchtigkeit erfordert viel Fingerspitzengefühl. Man muss das Blatt angreifen und spüren, was nötig ist.”

Und wie schmeckt die Ostarrichi-Zigarre?

Die Verkostungsnotiz des Captain lautet: überraschend mild – vor allem, wenn man die kraftvollen Weine von Johannes Rauch kennt – und sanft, dabei nussig. Dann zartfruchtig nach grüner Olive, ein bisschen Linsengemüse und Kakao. Gleichmäßiger Abbrand und stabile weiße Asche. Insgesamt eine gute und dank Herkunft sehr exotisch-nahe Einsteigerzigarre, die am jungfräulichen Gaumen (Compliance-Alarm!) nicht kratzt und beißt, sondern kühl-rauchig durch den Mundraum rauscht.

Neben der nicht ganz billigen Ostarrichi-Zigarre stellt Johannes auch dünne Zigarillos her, die er selber raucht, wie man im Bild oben sehen kann. Mehr Infos darüber stehen  hier.

Wein-Empfehlung: Weißburgunder Kalvarienberg 2017 von Weinhof Rauch

Opulent-würziger Wein wie ein fester Händedruck von ganz bewusst spät gelesenen Trauben, deren Reben in einem Lehm-Sandgemisch im sogenannten Vulkanland wurzeln. Hier werden die Beeren ungefähr eine Woche früher reif als in der weiter westlich gelegenen Südsteiermark. Zwei Jahre Feinhefe-Schlaf in neuen 300-Liter-Barriques, danach Filtration und Abfüllung und ein weiteres Jahr Flaschenreife. Im Glas der tiefe Glanz von poliertem altem Messing. In der Nase sinnlicher Duft vollreifer Birnen, dicke Schale von Amalfi-Zitrone, gerbstoffreiche Apfelschale, Sesampaste. Im Mund wuchtig bei milder Säure und exotischer Würze. Ich schmecke konzentrierte Noten von Birne, Orange und reifer Banane, die im Mundraum haften bleiben, nachdem der Schluck längst im Rachen verschwunden ist. Seidige Textur, also keine Öligkeit. Am Gaumen ein bisschen Kurkuma und zart geröstete Haselnüsse. Ein herrlich-kraftvolles Getränk (14% Vol. Alkohol), das nach fettem Essen schreit.

Weißburgunder heißt das wohl am wenigsten im Rampenlicht stehende Mitglied der noblen Burgunderfamilie. Oft wurde er mit Chardonnay verwechselt. Nur in nördlichen Weinbaugebieten erbringt Pinot Blanc, der in Deutschland Weißburgunder genannt wird, befriedigende Ergebnisse, da es ihm bei zu viel Hitze oft an der Säure mangelt. Ein guter, reifer Weißburgunder kann feine Aromen von Lindenblüten, Melonen, Birnen und gelben Früchten sowie eine zarte Mandelnote aufweisen. Sehr frisch mit Zitrusnoten und etwas kräftigerer Säure als üblich kann sich der Weißburgunder besonders auf Muschelkalkböden entwickeln. Während in Deutschland, Österreich, Luxemburg und vor allem in Südtirol das Potenzial dieser Sorte für Spitzenweine allgemein anerkannt ist, fristet er in seinem Heimatland Frankreich eher ein Schattendasein und hat lediglich im Elsass eine gewisse Bedeutung. Doch auch dort ist er nicht für die höchste Prädikatsstufe “Grand Cru” zugelassen.

Wo liegt St. Peter am Ottersbach in der Anbauregion Vulkanland? Klick aufs Bild und gehe zur (unfertigen) Riedenkarte der österreichischen Weinwerbung. Das sogenannte Vulkanland wurde früher Südost-Steiermark genannt, was sich neben der weiter westlich gelegenen Anbauregion Südsteiermark irgendwie doof anhörte. Das Vulkanland (man muss nicht lange raten, warum es so heißt) ist keine zusammenhängende Weinregion, sondern besteht aus Weinbauinseln mit ziemlich viel Nicht-Weinland dazwischen. Insofern täuscht die Karte oben ein größeres Anbaugebiet vor. Denn die Rebfläche im Vulkanland misst insgesamt nur 1.644 Hektar, also nicht viel. Entsprechend divers sind die Böden. Im Süden dominieren die Reste erloschener Vulkane und alles, was sie ausgespien haben. Weiter oben im Norden bestehen die Böden aus viel Opok (verfestigtes Sediment), Schiefer, Gneis, Sandstein und immer wieder Kalk. Über lange Zeit war die ganze Region eine Art Hinterhof Österreichs. An zwei Seiten verlief der eiserne Vorhang. 1991 brach der sogenannte 10-Tage-Krieg aus, weil sich der slowenische Nachbar vom jugoslawischen Staatenbund lossagte. Serbische MIGs donnerten über steirische Bauernhöfe und drangen bis nach Graz in den österreichischen Luftraum ein. 2004 erfolgte die Aufnahme in die EU. Der weinbauliche Aufbruch fand bereits etwas früher statt und hat mit dem Glykolskandal von 1985 zu tun. Alles, was süßlich schmeckte, war plötzlich verpönt. Da kamen die Weine aus der Steiermark gerade recht. Das Terroir mit seinen diversen Böden und dem speziellen Klima spielte den jungen Winzern, die im konsequent trockenen Ausbau ihre Chance erkannten, in die Hände. Alpine Einflüsse treffen auf mediterrane Luftströme. Die Vegetationsperiode dauert lang. Ständiger Wind trocknet die Beeren und schützt sie vor Fäulnis. Vor allem Weißweine aus Sauvignon Blanc und Chardonnay (der hier oft Morillon heißt) lassen Weinkenner auf der ganzen Welt vor der südlichen Steiermark salutieren.