Die einzigen Zigarren aus heimischem Tabak – Bericht im Standard

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RAUCHWAREN

Die einzigen Zigarren aus heimischem Tabak

Johannes Rauch pflanzt auf dem Weinhof seiner Familie Tabak an, das ist in der Steiermark nicht ungewöhnlich. Doch er rollt feine Zigarren damit

Manchmal müssen schwie­rige Entscheidungen ge­troffen werden. Was tun, wenn jemand Rauch heißt und Österreichs einziger Zigarrenproduzent ist? Einen Witz machen? Und wenn jemand Johannes Rauch heißt, also Namensvetter vom amtierenden Gesundheitsminister ist und in Österreich als einziger Zigarren produziert? Noch einen Witz machen? Kein Mensch, der bei Trost ist, tut so etwas. Aber einen schmerzbefreiten Kollegen wie den lieben Herrn ChatGPT könnte man fragen. Doch selbst der hat da anscheinend Skrupel. “Ich möchte betonen, dass es wichtig ist, respektvoll und angemessen zu bleiben, wenn es um Personen des öffentlichen Lebens geht. Daher werde ich Ihnen keinen Witz über Johannes Rauch, den Zigarrenproduzenten, und Johannes Rauch, den Gesundheitsminister, erzählen.” Super, alles muss man wieder selbst machen. Danke für nichts, du Pfeifenstierer!

Früher gab es in der Steiermark viele Tabakbauern, etwa den Großvater des Winzers Johannes Rauch. J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

Früher gab es in der Steiermark viele Tabakbauern, etwa den Großvater des Winzers Johannes Rauch.J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

Ob Johannes Rauch Pfeifenstierer herumliegen hat, lässt sich nach einem Kurzbesuch bei ihm auf dem mehrmals preisgekrönten Weinhof nicht hundertprozentig sagen, mit Sicherheit ist aber Tabak ein großes Thema hier im südoststeirischen St. Peter am Ottersbach.

Der 37-jährige Winzer hat nämlich 2010 damit begonnen, Tabakpflanzen auf seinem Hof zu kultivieren. “Wieder zu kultivieren”, müsste es eigentlich heißen, denn: “Mein Großvater hat bereits Tabak angebaut. Er war einer von vielen Tabakbauern hier in der Region”, erzählt Rauch.

Bis in die 1990er-Jahre spielte der Tabak­anbau eine wichtige Rolle in der südsteirischen Landwirtschaft. Das Klima war hier ideal, dass die Austria Tabak in Fürstenfeld eine Fabrik betrieb, war noch idealer, und dass mit relativ geringer Anbaufläche lukrative Erträge erzielt wurden, war überhaupt am idealsten. “Das änderte sich dann mit der ­Privatisierung und dem Verkauf der Austria ­Tabak”, resümiert Rauch. In der ehemaligen ­Tabakfabrik in Fürstenfeld ist heute ein Gesundheitszentrum untergebracht und Rauch österreichweit der einzige Produzent von Zigarren aus heimischem Tabak.

Früher gab es in der Steiermark viele Tabakbauern, etwa den Großvater des Winzers Johannes Rauch. J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

Der Tabak wird per Hand zu Zigarren gerollt und gecuttet.        J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

“Das Tabakgeschäft ist neben der Herstellung von Wein und Edelbränden mittlerweile zu unserem dritten Standbein geworden”, erzählt er. Ein arbeitsintensives Standbein, wie der passionierte Zigarrenraucher ebenfalls anmerkt, denn die rund 200 kg Tabak, die man auf 0,4 Hektar erntet, müssen fachmännisch weiterverarbeitet werden. Jeder Arbeitsschritt ist Handarbeit. Egal ob man die Tabakpflanzen hochzieht, im Mai dann in die Felder setzt, die abgeernteten Blätter in der Tabakscheune zum Trocknen aufhängt, diese später in die Wärmekammer bringt, fermentiert und am Ende schließlich zu Zigarren rollt.

Wobei Ende ist dann auch noch nicht in Sicht. Ist nämlich die Rauchware endlich einmal in Form gebracht, muss sie noch ein Jahr reifen, bevor sie in den Handel kommt. Klingt mühsam? Ist es auch. Außer Rauch tut sich das daher auch niemand an. Aber er versichert: “Ich mache das gerne, und es macht Spaß, ein Genussmittel herzustellen, das den Menschen Freude macht.”

5.000 Stück pro Jahr

Diese Freude spürt man auch, wenn sich Rauch ans Werk macht. Im Verkostungsraum seines Hofs, wo es auch für ungeübte Nasen schwer nach Wein und Edelbränden riecht, demonstriert er, wie er seine Zigarren, er hat sie Ostarrichi genannt, zusammenbaut. Flink bündelt er dafür ganze Tabakblätter zu einem kleinen Stapel. Das ist die Einlage. Bei ihm ist das eine Mischung aus den Tabaksorten “Havanna” und “Korso”, einer traditionellen, alt­österreichischen Sorte übrigens. Das Verhältnis bleibt natürlich geheim. Nur so viel: “Die zwei Sorten harmonieren perfekt, und ich wollte vor allem eine milde Zigarre kreieren, die auch für Nichtraucher geeignet ist.”

Über dieses aromatische Blattbündel wickelt Rauch dann ebenso geschickt Um- und Deckblatt, bevor er mit einer Art Kleister aus Zucker das Mundstück anklebt. Schon ist die steirische Longfiller-Zigarre fertig. “Zehn Minuten braucht es, um eine Zigarre zu rollen. Vorsichtig geschätzt stecken insgesamt wahrscheinlich 20 Minuten Arbeit darin”, meint Rauch, der beim Rollen der Räucherware tatkräftig von seiner Mutter und zwei Tanten unterstützt wird.

Johannes Rauch hatsich bei Studienreisen nach Kuba Tipps für die Produktion geholt. J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

Johannes Rauch hatsich bei Studienreisen nach Kuba Tipps für die Produktion geholt.  J.J.Kucek Rainer Wegscheidler

5000 Stück Ostarrichi-Zigarren entstehen so pro Jahr. Sie sind ehrliche 16 Zentimeter lang, und man hat gut eineinhalb Stunden an ihnen zu paffen. Verpackt werden sie dann noch in Glasrohre und kommen für 35 Euro pro Stück in die Trafiken. “Ein Drittel vom Verkaufspreis geht an die Trafik, ein Drittel bekommt Vater Staat, und ein Drittel bleibt uns”, schlüsselt Rauch auf und erzählt, dass der Großteil des so Erwirtschafteten gleich wieder in die Produktion gesteckt wird.

Fürs Protokoll: Ab Hof oder online wird gar nichts verkauft, weil das Tabakmonopol in Österreich aufrecht ist. “Wir werden rigoros überprüft”, erwähnt der ausgebildete Weinbau- und Kellermeister nebenbei. Und zwar vom österreichischen Zoll, dem Finanzamt und der Tabakmonopolverwaltung – mehr Kontrolle geht fast nicht mehr.

Johannes Rauch hat sich sein Zigarren-Know-how in langwierigen Learning-by-Doing-Prozessen angeeignet. “Über Anbau, Ernte und Trocknen der Pflanze wussten wir gut Bescheid, da gab es altes Wissen und Erfahrungen in der Familie”, erinnert sich der erklärte Genussmensch, “wie alles zu Rauch­waren veredelt wird, konnte aber niemand ­sagen.” Auch weil das einst ausschließlich in den Tabakfabriken geschah und dort tunlichst darauf geachtet wurde, dass geheim bleibt, wie der Rauch entsteht. Es brauchte jahrelange Kleinversuche und Experimente, seitenweise Fachliteratur und unzählige Youtube-Videos, bis man einzelne Verarbeitungsprozesse endlich in den Griff bekam.

Studienreise nach Kuba

Viel Input brachte auch eine dreiwöchige “Studienreise” ins Zigarrenmekka Kuba. “Der Trip wurde genau zum richtigen Zeitpunkt unternommen. Ich verstand schon einiges von der Zigarrenmaterie und konnte mir dort hilfreiche Tipps und Tricks holen”, schwärmt er noch heute von den Einflüssen, die er aus der Karibik in die Steiermark mitgenommen hat.

Letztlich dauerte es trotzdem sechs Jahre, bis auf dem Weinhof Rauch die erste größere Menge an Zigarren produziert werden konnte, und dann noch einmal zwei Jahre, bis diese Ernte, es waren 1000 Zigarren, ihr Debüt in den Trafiken feierte. Das war 2018. Seitdem hat man neun Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister erlebt und die Produktion gesteigert und auch die Angebotspalette erweitert. Neben Pfeifentabak hat Johannes Rauch seit kurzem auch Zigarillos im Programm. “Die Zigarillos werden mit unserem Tabak in Ungarn maschinell erzeugt und nicht hier bei auf dem Hof, sonst wären sie Schächtelchen zu teuer im Verkauf”, wird sofort aufgeklärt.

Bleibt noch zu fragen, was Rauch, der prämierte Weinmacher – viermal war er Jungwinzer des Jahres –, als Begleitung für seine Zigarren empfiehlt. “Ich trinke gerne einen kräftigen Weißwein dazu, der im Holzfass gereift ist – wie unseren Sauvignon Ried Oberberg”, erzählt er und empfiehlt aber auch andere Spirituosen aus dem Holzfass – Whisky, Rum, Zwetschke. Geht auch etwas Anti­alkoholisches? Wegen des Gesundheitsministers wär’s nämlich. “Das hat ehrlich gesagt noch nie wer gefragt …” (Manfred Gram, 29.6.2023)